Ein bisschen (Verkehrs) Frieden…

Als Haupteinfahrt in die Stuttgarter Innenstadt gilt der Stuttgarter Süden. Beinahe 50.000 Autos kommen jeden Tag durch den Süden nach Stuttgart und belasten im Wesentlichen die Hauptstätter Straße. Nun führt auch seit einigen Monaten eine Hauptfahrradroute durch den Süden. Von Kaltental kommend, unter der Seilbahn hindurch, durch die Burgstallstraße und Möhringer Straße zum Marienplatz. Das Fahrrad als regelrechtes Verkehrsmittel hat das Fahrrad als Freizeitgerät teilweise ersetzt. Jede Menge Konfliktpotential. Emotionen und Extrempositionen nehmen im neuen Verkehrsmix dramatisch zu. Heute geht es um Verkehrsfrieden. Wir müssen investieren: in Infrastruktur, Verkehrssicherheit, Innovation und Verkehrsmoral.

 

Die „fahrradfreundliche“ Stadt ist unserer Meinung genauso dämlich wie die „autogerechte“ Stadt. Das einzige Kriterium für eine gute Stadt ist die Menschenfreundlichkeit. Noch definieren sich die Menschen in der Regel nicht über die Art ihrer Fortbewegung, niemand schreibt in seine Bewerbung „… seit 2015 bin ich Radfahrer (… Fußgänger, …Autofahrer) …“ Politisch die sogenannte Fahrradstadt zu propagieren, ist eine einseitige und in mancher Hinsicht sogar gefährliche Strategie. Sie führt zu noch mehr Polarisierung und Unfrieden. Ebenso wie die veraltete und schlussendlich menschenfeindliche Autostadt. Die Lösung ist die Stadt für Menschen, nicht die für irgendwelche Verkehrsmittel …

Immer noch schreiben Zeitungen und reden ambitionierte Politiker davon, „die Situation für Radfahrer zu verbessern“ …  nicht die für Menschen …

Wie auch immer – Radfahrer sind auch nur Menschen. Nicht besser und nicht schlechter als Autofahrer. Sie benutzen lediglich das umweltschonendere Verkehrsmittel. In ihrem Verhalten im Verkehr sind sie genauso rücksichtsvoll oder verkehrsgefährdend wie Auto- oder Motorradfahrer. Autofahrer leiden unter unerträglicher Parkraumnot und parken dann irgendwo, ohne Rücksicht auf etwaige Behinderung anderer. Radfahrer fühlen sich behindert oder gar gefährdet durch den Autoverkehr und leiten daraus gerne häufig das Recht ab, Verkehrsregeln zu brechen. Und dann gibt es noch eine kleine Minderheit in allen verkehrsteilnehmenden Gruppen, die rüpeln und rempeln, immer im Kampfmodus unterwegs sind. Die einen mit lautstärkegetunten PS-Monstern, die anderen als anonym vermummte Kampfradler. Anarchisch und antisozial.

Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin kamen bereits 2014 zu dem Schluss: „… Aufgrund des Einflusses von Anonymität, sowohl auf die Wahrnehmung von Rechtschaffenheitspflicht, als auch auf den Konformitätszwang unter Radfahrenden, müssen dringend Lösungsansätze gefunden werden, damit die Steigerung des Radfahranteil am Modal Split nicht zum gravierenden Problem wird. Innovative Ideen, die die Anonymität der Radfahrer aufheben, könnten die Straßenverkehrssicherheit vermutlich stärker erhöhen, als es mit den bisher getroffenen baulichen, erzieherischen und rechtlichen Maßnahmen erreicht wurde. Beispielsweise könnte dies durch eine Mitführpflicht des Personalausweises für Radfahrer, analog der Pflicht für Autofahrer bewerkstelligt werden. Dies ist eine kostengünstige und einfach zu realisierende Maßnahme, die es bei Verkehrskontrollen und Ahndungen durch eine dazu berechtigte Behörde ermöglicht den Fahrzeuglenker zu identifizieren und dadurch regelkonformes Verhalten fördern könnte. Alternativ wäre auch die Einführung von Fahrradführerscheinen oder -kennzeichen denkbar. Eine Besserung der derzeitigen Verhältnisse würde dadurch erreicht, dass eine Teilnahme am Straßenverkehr nur nach einem intensiven Regeltraining und mit einem Kennzeichen zur Identifikation des Fahrzeugbesitzers, ebenfalls analog zum Besitzer eines motorisierten Fahrzeugs, erfolgen könnte. Letzteres würde zudem eine gegenseitige Kontrolle im Straßenverkehr ermöglichen und somit regelkonformes Verhalten vermutlich am wirksamsten fördern …“ (SPEKTRUM DES VERKEHRSWESENS #1 Aspekte des städtischen Radverkehrs, Universitätsverlag der TU Berlin, 2014)

Wenn wir künftig weniger – oder besser noch gar keine – Verbrennungsmotoren mehr in der Stadt haben wollen, wir bessere Luft, weniger Lärm und vor allem mehr Platz für das Leben wollen, dann müssen wir heute damit beginnen, an den Regeln für unser Zusammenleben zu arbeiten. Für die Verkehrsmittel, für die es noch keine gibt, die bislang kaum oder gar nicht kontrolliert und noch weniger sanktioniert werden. Es wird Fußgänger geben, Radler, Scater, e-Scooter, selbstfahrende E-Taxen und wer weiß schon was noch alles. Aber in allen Fällen haben wir es mit Menschen zu tun. Mit guten, freundlichen Menschen. Und mit weniger guten und bisweilen sehr unfreundlichen Menschen. (khd)

SPD Ortsverein Stuttgart-Süd und Kaltental
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